Ist Dienstleistung wirklich „körperlos“?
Die tolle Idee, das ausgefeilte Konzept, der kundenorientierte Service, alle haben eins gemeinsam:
Sie sind nicht anfassbar. Sie scheinen „körperlos“.
Ein Dilemma im Dienstleistungssektor.
Wie stellen Sie Ihre Leistung nach außen dar?
Wie kommunizieren Sie das Wunderbare Ihres Könnens?
Mit Worten!?
Und da ist es wieder, anfassen und berühren, probieren und prüfen, anschauen und ein gutes Gefühl bekommen, das sind Attribute, die, vor dem Kauf/Auftrag, für Ihre Kunden nicht einzulösen sind.
Wirklich?
Neulich habe ich gespannt den erhellenden Vortrag, von Frau Prof. Birgit Mager, verfolgt.
Ihr Thema -Service-Design-.
Zitat B. Mager: „Service Design bezieht ich auf das Dienstleistungsgewerbe und ist all das, was dem Kunden einen Nutzen bringt woraus ihm aber kein Besitz entsteht„.
Service sichtbar und erlebbar machen, das bedeutet, im Vorfeld Möglichkeiten zu finden, die in die Erfahrungswelt der Kunden eintauchen und deren Bedürfnisse zu verstehen.
Das Beispiel mit dem Fahrradladen(B. Mager) und seinem Service.
Wie macht man Reparaturleistungen am Rad sinnlich wahrnehmbar? Durch gut positionierte Hinweisschilder. Z.B. ein griffiger Text auf einem kleinen Schildchen an der Bremse, auf dem vermerkt wird, dass die Reparatur Bestandteil der Dienstleistung/Service ist.
Das kann sein: beim Kauf des Fahrrades, als mögliche Nachfolgeleistung oder nach der Reparatur die konkrete Angabe, wer sie wann durchgeführt hat.
So wird dem Kunden akzentuiert nahegebracht welchen Zusatznutzen er erwarten und wählen kann.
Auf diese Weise wird individuell ein Impuls beim Kunden zum Dialog (Beratung, Empfehlung) gesetzt und der Dienstleister kann gezielt mit Freundlichkeit auf die Bedürfnisse des Kunden eingehen.
Zitat B. Mager: „Bei hochgradig standardisierten Dienstleistungen besteht immer die Gefahr, dass das Lebendige, der Charme, das Menschliche verloren gehen, aber es ist am Ende im Grunde das, worauf es ankommt.“
Deshalb werden beim systematischen Service-Design, Merkmale, wie Mitarbeiterverhalten und Umgebung, im Vorfeld geplant und dann in Maßnahmen strategisch umgesetzt.
Umfeld steht hier für die passende Atmosphäre und die wiederum für das Unternehmen und damit für die Marke und die Dienstleistung.
Die Mitarbeiter stehen für die Service-Qualität ein. Durch ihre Kompetenz, Freundlichkeit und Kundenorientierung machen sie direkt die Dienstleistung sichtbar und erlebbar.
Denken Sie an Ihren Supermarkt, das Call-Center oder Ihre Autowerkstatt.
An was erinnern Sie sich? Möglicherweise an eine bestimmte Person und ihr Verhalten?
Die Kommunikation zwischen Dienstleister und Kunde, so wie die Hilfsmittel zu bestimmen, sind Teile eines Prozesses. Diesen Prozess (Verkauf, Kauf) zu planen, zu entwickeln und zu gestalten ist die Aufgabe des Service-Designs.
Kaufen geschieht nicht zufällig. Es ist eine Entscheidung, die der Kunde nach seinem ureigenstem Gusto fällt. Hierbei sind Emotionen mehr als 60% ausschlaggebend.
Woran erinnerten Sie sich eben bei der Autowerkstatt?
An die mattschwarze Dichtung unter der Kühlerhaube, an die perfekte Schweißnaht Ihres Kotflügels oder an den Mitarbeiter und das Umfeld?
Wer sind Ihre Wunschkunden? Haben Sie Ihre Kunden differenziert?
Frau B. Mager nennt sie „Personas“ (Persona-Methode) und geht damit noch einen Schritt weiter.
Sie kreiert aus der Zielgruppe ganz spezielle Kundenprototypen.
Die einzelne Phantasieperson erhält einen Namen, wird mit persönlichen charakteristischem Foto versehen, bekommt eine Vita und ganz bestimmte menschlichen Eigenschaften.
Dann wird die kreierte Person mit den eigenen Dienstleistungen konfrontiert, um eine Vorstellung vom realen Erlebnis des Kunden zu gewinnen.
Was ist dem Kunden wichtig, wie reagiert er, wann ist er zufrieden? So können mögliche Defizite erkannt werden.
Das Beispiel (B. Mager) aus dem Hotel.
Cynthia kommt in das Bad und kann ihre Kosmetika nicht auf der Ablage anordnen, weil diese einfach zu klein ist.
Sie wird im Hotelrestaurant nicht bedient, da der Kellner offensichtlich auf Cynthias Begleitung wartet, die es nicht gibt.
Dieses Szenario zeigt deutlich auf, welche Bedürfnisse ein Kunde hat und wo es „hakt“.
Geben Sie Ihrem potenziellen Kunden einen Namen und führen Sie ihn gedanklich durch Ihre „Räume/Leistungen“. Fragen Sie sich,
- ob Sie Willy Wichtig ausreden lassen,
- ob Renata Renitent Gründe für ihr Verhalten hat,
- ob Sigrid Superhirn sich bereits vorab gut informiert hat,
- ob Sigmund Sensibel sich ernst genommen fühlt oder
- ob Michael Schulz eine bestimmte Entscheidungshilfe benötigt.
Kommen Sie Ihrer eigenen Dienstleistung auf die Spur, dann werden Sie eine gute Möglichkeit ihrer speziellen Positionierung sehen und haben so einen Nutzen und Mehrwert für den Kunden gefunden. Betrachten Sie Ihre Dienstleistung als Produkt.
Zitat B. Mager: „Für Forschung und Entwicklung von Produkten werden, pro Mitarbeiter und Jahr, im Schnitt 2100€ ausgegeben. Für Dienstleistungen sind es gerade mal 67€ (0,3%). In diesem Verhältnis (Produkt zu Dienstleistung) steht auch die sinnliche Wahrnehmbarkeit.
Ergo: Forschen Sie! Forschen heißt, systematisch Fragen zu stellen und die Antworten nachzuhalten.“
By the way: 63% des Bruttoinlandsproduktes wurden 2006 mit Dienstleistungen erzielt. 60% der verfügbaren Haushaltseinkommen wurden für Dienstleistungen ausgegeben.
Ist das kein Anreiz, sich auf verschiedene Szenarien konsequent einzulassen?
Ein ebenfalls einleuchtender Gedanke von Frau B. Mager ist die Bühnenmetapher.
Zu einer Bühne gehören zwei Bereiche:
Der, für das Publikum, sichtbare Teil (Frontstage) und der nicht sichtbare Teil (Backstage).
Frau B. Mager ist der Überzeugung, dass Dienstleistung wie ein Bühnenauftritt gestaltet werden sollte.
Das Dienstleistungsangebot wird, im Vorfeld und während des Auftritts, hinter der Bühne (Idee, Konzept) in Szene gesetzt, damit auf der Bühne (Verkauf, Kauf) das Publikum in Begeisterung versetzt werden kann.
So entsteht ein Erlebnis, das nach mehr ruft, sich anfassen und berühren lässt.
Mehr zum Thema hier:
proZiel Marketing Bielefeld
Dieser Artikel führte zu einem Gespräch mit Chris Löwer vom Handelsblatt.
Ein kleines Zitat von mir in seinem Artikel war das Ergebnis. 🙂
Fass! Mich! An! vom 21.01.09
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-dienstleister/fass-mich-an;2127257;0
und die Kopie in der WIWO
http://www.wiwo.de/finanzen/boerse/boerse-nachrichten.html?sym=KO.NYS&docid=2155779
[…] Sie haben gerade kostenfrei von meiner geistigen Leistung profitiert, die Sie unter Umständen vor einem großen Fehler und damit vor Fehlinvestitionen bewahrt. Oder Sie sind Dienstleister und haben gerade kostenfrei Hinweise erhalten, die Ihr Konzept gewinnbringend renovieren wird. Lesen Sie hier gerne mehr zum Thema unsichtbare Leistung. […]