Wie öffentlich müssen (wollen) wir sein?
Zu diesem Beitrag wurde ich durch den Focusartikel „Netzwerkprofile, Blog-Kommentare, Foreneinträge: Immer mehr Menschen nutzen das Internet zur persönlichen Markenbildung“ und den stetigen Reputationswarnung von Klaus Eck angeregt.
Das Internet ist nicht nur eine tolle Sache, sondern ein fester Bestandteil in unser aller Leben. Viele nutzen es privat (Chat), andere für ihr Business (Netzwerk/Marketing/Werbung) und manche wissen davon, „brauchen“ es aber (noch) nicht.
Es ist Bibliothek, Tageszeitung, Treffpunkt, Briefkasten, Kommunikationsplattform und vieles mehr.
Nichts liegt näher, als Regeln aufzustellen, wie man damit umgeht.
- Funktionen
- Möglichkeiten
- Ziele, Strategien
- Gefahren, Konsequenzen
Spätesten beim Punkt Strategien wird so mancher hellhörig und denkt über seine Aktivitäten im Netz nach. Gefahren im Netz werden oft mit SPAM und Viren im E-Mailverkehr gleichgesetzt und verharmlost oder die Veranwortung auf ein Softwaretool delegiert. Die Auswirkungen gehen weiter, sie beeinflussen – Ihre Reputation – Ihre Zukunft nachhaltig. Wie gesagt, Herr Eck, ist hierfür der Spezialist.
Wird das Internet implodieren?
Ich möchte einen Schritt weiter gehen als Herr Eck und eine andere Perspektive hinzufügen. Das Internet nimmt eine Dimension an, die nur noch schwer zu hantieren ist. Ein kleines Beispiel ist Twitter. Es gibt bereits unzählige Tools, um die Masse an Informationen zu sichten, aufzubereiten oder zu selektieren. Dies gilt ebenfalls für andere Programme, Tools und Plattformen. Die Menge der positiv empfundenen Möglichkeiten und Daten“erschlägt“ uns.
Mit den negativen Auswirkungen sind wir zum Teil überfordert.
- Spam
- Viren
- Dauer Werbung
Jede neue Welle/Funktion im Internet gebiert direkt eine negative Auswirkung, die auf dieser Welle Verbreitung findet. Was zuvor als wunderbare Errungenschaft eingestuft wurde, entwickelt sich kontinuierlich zu einem Datenmonster.
Die gewünschte Transparenz aller Möglichkeiten im Internet führt zu immer mehr Schutzbedürftigkeit und Verschlossenheit der Nutzer.
An seinen Briefkasten klebt man den Schriftzug „Bitte keine Werbung einwerfen“, die Telefonwerbung wurde gerade in ihre Schranken verwiesen, aber was geschieht im Internet? – „Räume der Ruhe“ – das Gefühl unter sich zu sein – überschaubare Netzwerke entwickeln sich – Diese Nutzerbedürfnisse nehmen überproportional an Bedeutung zu. Es kristallisieren sich geschützte Clubs im Club heraus. Der virtuelle Türsteher filtert die Neuzugänge: „Du kommst hier nicht rein“. Wird aus Masse zunehmend mehr Klasse?
Manche würden sagen: „Das Internet ist nur ein Abbild unserer Gesellschaft“. Das klingt ein wenig nach Drohung.
Werden zukünftig nur noch Werber, Selbstdarsteller und Unbedarfte öffentlich im Internet agieren?
Wird das Internet implodieren – zusammenfallen wie ein Soufflé?
Wird es zur virtuellen Fussgängerzone? Ab 23:00 – einfach trostlos, denn das Leben spielt sich hinter verschlossenen Seiten ab.
Hierzu weitere Gedanken – Werte-Landschaften bei:
Peter Kruse zu neuem Projekt „What’s Next?“
Messungen von Wertewelten und Internetkultur. -Resonanzpunkte jenseits der klassischen Mitte-
Stimmt, die Menge der Informationen erschlägt uns, aber das ist, wenn wir ehrlich sind, im realen Leben seit ein paar hundert Jahren auch schon so. Die Frage ist, wie wir damit umgehen sollen?
In gewisser Weise sind wir ja immer noch Kinder der Aufklärung und wollen alles verstehen, was natürlich voraussetzt, dass wir über möglichst viele Informationen verfügen. Nur geht das leider nicht mehr, wir verstehen die Komplexität der Welt nicht mehr. Da lohnt es sich, vermehrt der eigenen Intuition zu vertrauen.
Sich einzusperren wird dabei der falsche Weg sein. Gerade bei Twitter befinden wir uns mitten im Hype. Das ist die Phase, wo viele den Verstand ausschalten und einfach nur dabei sein wollen.
Richtig ist, vor gut einem Jahr konnte man auf Twitter noch fast jedem folgen. Heute ist das anders, weil wir zugemüllt werden. Aber in absehbarer Zeit werden die Leute merken, dass Twitter nur ein Kommunikationskanal ist. Ohne interessante Inhalte bleibt er leer und das werden die meisten schnell merken. Wenn sie zu der gekauften Twitter-Herde gehören, die völlig ahnungslos irgendjemandem folgen, ohne zu wissen wozu, dann wird dieses Spektakel schnell vorbei sein.
Und ab dann wird man Twitter wieder sinnvoll nutzen können, so wie das heute mit Second Life wieder möglich ist. Die Herde aber wird weitergezogen sein und sich auf das nächste Tool stürzen.
Hallo Christian,
Du schriebst:
[…] wir verstehen die Komplexität der Welt nicht mehr. Da lohnt es sich, vermehrt der eigenen Intuition zu vertrauen. […]
Ohne Intuition geht meiner Meinung nach nichts, denn Sie ist die Summe unserer Erfahrungen, der die Verknüpfung zum Geschehenen fehlt.
Im Zen steht die Intuition für die Möglichkeit hier und jetzt die Zukunft mit dem Gefühl zu erfassen und sich darauf einzulassen. Ob wir so hellsehen oder die Zukunft gestalten bleibt offen.
[…] Sich einzusperren wird dabei der falsche Weg sein. […]
Mit den Clubs im Club war nicht das „Einsperren“ gemeint, sondern die Wissens- und Bedürfnisskonzentration. Statt Einsperren eher Aussperren – zum Teil das Aussperren der Reizüberflutung aber auch der Belästigungen (welcher Art auch immer).
Gerade bei Twitter, ein extrem schnelles, mächtiges und überollendes Medium, benötige ich mehr Zeit beim Selektiere und Löschen ungewollter Einflüsse, als auf anderen Informationskanälen. Das „Beherrschen“ aller möglichen Aktivitäten setzt das Kennenlernen neuer Tools voraus. Davon fühle ich mich wirklich überrollt und im permantenen Zugzwang. 🙂
Deine Prognose, speziell für Twitter, wünsche ich mir und gleichzeitig sehe ich die Entwicklung – hin zu Halbwissen und Informationsspots -schnipseln-. Ich wünsche mir Tiefe, stelle aber auch an mir zunehmend fest wie viel Halbwissen sich bei mir „ansammelt“, dem ich wegen der Fülle keine Tiefe verleihen kann.
Was ich mit Implosion beschreibe, nennst Du Hype. Ein Hype geht vorüber aber eine Implosion verdichtet und trennt sich von Leerräumen. Das, gepaart mit den „wiederentdeckten“ Bedürfnissen der Menschen nach Tiefe, Qualität und Verbindlichkeit, bringt mich zu der Annahme – wir werden mehr Gruppen mit weniger Mitgliedern. Es werden nur noch „Sichtfenster“ von Gruppe zu Gruppe bestehen und „Draußen“ ist nichts mehr los. 🙂
Das ist so eine Sache mit dem Wissen. Wenn man bedenkt, wie schnell Wissen veraltet, dann muss es eigentlich nicht das Ziel sein, möglichst viel Wissen zu sammeln, sondern zu lernen, wie man sich Wissen aneignen kann.
Natürlich wünscht man sich immer wieder Zeit, um bei bestimmten Themen in die Tiefe gehen zu können. Aber ganz ehrlich: das Problem hatten wir auch ohne Computer schon, oder?